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AutorenbildProf. Dr. Birgit Spies

HI statt KI oder Vom Wert des Selbstdenkens

Da hat uns die Natur mit einem rund 1300 Grammschweren Gehirn ausgestattet – und doch ist es uns nicht genug. Das menschliche Gehirn ist fehleranfällig, so heißt es, wir wären nicht in der Lage, die richtigen Entscheidungen zu treffen – und, es ist zu langsam. Das alles kann ein Rechner viel schneller, oder besser noch: die KI. Für alle Aufgaben, die uns immer schon lästig waren – sich etwas merken, sich anstrengen, selbst lesen, selbst schreiben, nachdenken usw. –, kann man nun die sogenannte Künstliche Intelligenz benutzen. Es ist auch zu einfach: Mit der neu erworbenen »Prompt-Engineering-Kompetenz« lassen sich mittels gut gewählter Begriffe aus dem KI-Chatbot Antworten zaubern, die zwar nicht meinem eigenen Denken entsprechen, doch aber gelegentlich brauchbar sind. Und wenn ich keine Lust habe zu schreiben und zu lesen, dann spreche ich eben und lasse mir alles vorlesen.



Vergessen worden scheint, dass das Gehirn, wie die Leber, mit seinen Aufgaben wächst und ständigen Trainings bedarf. Wenn sich das Gehirn nun dank KI bequem in die Hängematte legen kann, dann ist denkfaul noch eine wohlmeinende Umschreibung für den neuen menschlichen mentalen Zustand. Fatal ist die digitale Hängematte besonders für junge Menschen, bei denen Körper und Geist noch ausgebildet werden (sollten) und für Menschen, die sich mit Wissenserwerb beschäftigen, also etwas lernen wollen (oder sollten).


Unser Gehirn verarbeitet die vielen Sinneseindrücke unserer Außenwelt, die wir sehen, riechen, schmecken, hören und auch tasten können. Es registriert Emotionen und verarbeitet Freude und Trauer. Auch kommuniziert es mit den anderen Organen in unserem Körper, koordiniert äußerst komplexe Handlungen und ist unendlich kreativ. Das Gehirn ist ein ganz besonderer Rechner und kann »Brücken und Wolkenkratzer bauen, Flugzeuge und Raketen entwickeln, Symphonien komponieren, Sprachen erlernen, uns zum Lachen oder Weinen bringen, singen, zeichnen und träumen, sich die Zukunft ausmalen, sich an die Vergangenheit erinnern«1 – und fühlen. Warum nur bringen wir dem menschlichen Gehirn so wenig Achtung entgegen? Es ist eben anstrengend, zu denken und so manches Mal überrascht uns unser Gehirn mit Gedanken, die wir noch nie gedacht haben, die vielleicht auch unangenehm sein können. Selbstdenken ist stets ein Wagnis.


Vergessen worden scheint, dass das Gehirn, wie die Leber, mit seinen Aufgaben wächst und ständigen Trainings bedarf. Wenn sich das Gehirn nun dank KI bequem in die Hängematte legen kann, dann ist denkfaul noch eine wohlmeinende Umschreibung für den neuen menschlichen mentalen Zustand. Fatal ist die digitale Hängematte besonders für junge Menschen, bei denen Körper und Geist noch ausgebildet werden (sollten) und für Menschen, die sich mit Wissenserwerb beschäftigen, also etwas lernen wollen (oder sollten).


Unser Gehirn verarbeitet die vielen Sinneseindrücke unserer Außenwelt, die wir sehen, riechen, schmecken, hören und auch tasten können. Es registriert Emotionen und verarbeitet Freude und Trauer. Auch kommuniziert es mit den anderen Organen in unserem Körper, koordiniert äußerst komplexe Handlungen und ist unendlich kreativ. Das Gehirn ist ein ganz besonderer Rechner und kann »Brücken und Wolkenkratzer bauen, Flugzeuge und Raketen entwickeln, Symphonien komponieren, Sprachen erlernen, uns zum Lachen oder Weinen bringen, singen, zeichnen und träumen, sich die Zukunft ausmalen, sich an die Vergangenheit erinnern«1 – und fühlen. Warum nur bringen wir dem menschlichen Gehirn so wenig Achtung entgegen? Es ist eben anstrengend, zu denken und so manches Mal überrascht uns unser Gehirn mit Gedanken, die wir noch nie gedacht haben, die vielleicht auch unangenehm sein können. Selbstdenken ist stets ein Wagnis.


Derzeit scheint sich unser Gehirn – vor lauter Technikbegeisterung völlig vernebelt – für KI-Anwendungen in alle Lebenslagen zu begeistern (sinnvolle Anwendungsbereiche außer Frage gestellt). Geht es jedoch um Lernen und um Wissenserwerb, dann führt kein Weg am Selbsttun und Selbstdenken vorbei. Lernen besteht aus Verstehen, Behalten und Abrufen. Lernen bedeutet, mit anderen ins Gespräch zu kommen, voneinander und miteinander zu lernen. Neue Informationen können nur auf der Basis bereits vorhandenen Wissens in das große Netzwerk des Gehirns integriert werden. Wenn nun aber genau diese Wissensbasis nicht mehr erworben (besser: erarbeitet) werden kann – weil digital recherchiert und die KI bemüht wurde, die eben nicht auf eine verlässliche Wissensbasis zurückgreift –, dann ist auch nicht mehr viel Wissen vorhanden. Vielleicht wird man trotzdem im Referat und in der Hausarbeit glänzen – nur wissen und verstanden hat man den Sachverhalt wahrscheinlich nicht. Wenn ich nicht weiß, dann muss ich glauben – egal was mir erzählt wird. So verlieren Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ihre Struktur. An ihre Stelle tritt Gleichgültigkeit – gegenüber Sachverhalten, Menschen und Gemeinschaft.



HI statt KI oder vom Wert des

Selbstdenkens von Birgit Spies


Anm.: Der Ausdruck "HI statt KI" geht auf Prof. Dr. Klaus Zierer, Universität Augsburg, zurück, der ihn auf der Tagung "Die pädagogische Wende" im April 2024 benutzt hat.



Die Dramatik für junge Menschen kann nicht unterschätzt werden.

Die Dramatik für junge Menschen kann nicht unterschätzt werden, denn: »KI-Bots korrumpieren die generelle Leistungsbereitschaft junger Menschen und gewöhnen sie daran, sich technischen Systemen und deren Berechnungen als vermeintlich gültige Hilfsmittel anzuvertrauen. Bequemlichkeit und Faulheit sind menschliche Eigenschaften, helfen beim Lernen aber leider nicht. Das vermeintlich einfache Erzeugen von vermeintlich unterrichtsrelevanten Leistungsnachweisen (Texte, Bilder, Präsentationen) verhindert die eigene Auseinandersetzung mit Sprache und Text, mit Grafiken und Bildern und damit den schöpferischen, den kreativen Akt der Ideenfindung und der Konzeption. Bots verhindern das freie Spielen von Phantasie und Vorstellungskraft, das am Anfang einer jeden Arbeit stehen sollte – egal, ob Aufsatz oder z.B. Zeichnung – : das Suchen nach individuellen Lösungen, Skizzen, Ideen, das Finden und Verwerfen.«2


HI statt KI – Human Intelligence statt Künstlicher Intelligenz.

HI statt KI – Human Intelligence statt Künstlicher Intelligenz (engl. Artificial Intelligence). Es mag anstrengend und unbequem sein und dennoch: Wir müssen unsere »eigene Intelligenz nutzen und trainieren, um eine selbstbestimmte Zukunft in einer hochtechnisierten Umwelt zu haben. Sonst bleiben […] [wir] Abhängige an Display und Touchscreen.«3



Über die Autorin:



Birgit Spies ist Professorin für Bildung und Digitalisierung an der Hochschule Fresenius im Fachbereich Fernstudium, Onlineplus. Ihre Arbeits- und Forschungsschwerpunkte sind die Medienbildung, die Medienpsychologie sowie die Mediendidaktik – das Lehren und Lernen Online und mit digitalen Medien.


Nach einer technischen Ausbildung und dem Abitur studierte Sie Informationstechnik in Dresden (Dipl.-Ing. TU) und Medien und Bildung in Rostock (M.A.). Sie promovierte später an der Ludwig-Maximilians-Universität in München in den Fächern Pädagogik (H) und Psychologie (N) zum Dr. phil.


Birgit Spies war als Projektmanagerin, Trainerin und E-Learning-Entwicklerin in großen deutschen Unternehmen tätig und wechselte später in den Lehralltag und arbeitete mehr als 10 Jahre als IT-Lehrerin an einer Berufsfachschule. Seit inzwischen mehr als 25 Jahren lehrt und doziert sie in der Aus- und Erwachsenenbildung zu allen Themen der Mediendidaktik, Medienbildung und Medienpsychologie.


Als Keynote-Speakerin für Digitalisierung, Bildung und Medien ist Birgit Spies in Organisationen, Unternehmen, Schulen, Hochschulen und anderen Bildungseinrichtungen unterwegs. Sie berät zur mediendidaktischen Konzeption von digitalen Bildungsangeboten, zu E-Learning-Themen und schult Dozenten und Trainer für den Virtual Classroom.


Mehr über Birgit Spies erfahren Sie unter https://www.prof-birgit-spies.de.




Quellen: (alle Links zuletzt abgerufen am 28.05.2024)


Birgit Spies (2024, 29. Mai). HI statt KI oder Vom Wert des Selbstdenkens. Bildung – Mensch – Medien. Abgerufen am 1. Juli 2024, von https://doi.org/10.58079/11qn6


1.  Pizzecco, T. (2020). Mensch bleiben im digitalen Chaos. Athesia: Bozen. S. 164, 2. Auflage.


2.  Lankau, R. (2024). Wenn der Chatbot das Denken übernimmt … (Teil II). https://futur-iii.de/2024/04/wenn-der-chatbot-das-denken-uebernimmt-teil-ii/


3.  Lankau, R. (2024). Wenn der Chatbot das Denken übernimmt … (Teil II). https://futur-iii.de/2024/04/wenn-der-chatbot-das-denken-uebernimmt-teil-ii/

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