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  • AutorenbildDr. Bernhard Walther

Unsere Welt nach Corona

Covid-19 mit all seinen Mutationen ist der wahrscheinlich gewaltigste Einschnitt, den jetzt lebende Menschen erlebt haben. Allein in den letzten 14 Tagen soll es weltweit 124 Millionen Neuerkrankungen gegeben haben, davon sind rund 70 Millionen genesen und knapp 3 Millionen verstorben. Wie man das auch nimmt, das sind auch bei einer Weltbevölkerung von 7,8 Milliarden gewaltige Zahlen. Im Vergleich, durch tödliche Autounfälle kommen pro Jahr weltweit rund 700.000 Menschen ums Leben.


Covid hat binnen zwei bis drei Wochen global zu einer radikalen Veränderung des Zusammenlebens geführt. Die oft gestellte Frage ist: »Wann kehren wir wieder zu normal zurück?« Dies wird häufig mit dem Nachsatz verbunden: »Gibt es das alte normal noch?« Kluge Leute beschäftigen sich intensiv und in epischer Breite damit, wie die Welt nach Covid aussehen wird.

ES GIBT HISTORISCHE MOMENTE, IN DENEN DIE ZUKUNFT IHRE RICHTUNG ÄNDERT.

Der bekannte Ökonom Hans-Werner Sinn hat bereits im letzten Jahr ein Buch hierzu veröffentlicht: »Der Corona Schock – wie die Wirtschaft überlebt«. Auch das Zukunftsinstitut, das in Frankfurt und Wien domiziliert, beschäftigt sich eingehend mit diesem Thema. Die Frage, wann alles wieder zur Normalität zurückkehren wird, beantwortet Matthias Horx vom Zukunftsinstitut mit einem kurzen »niemals«. Er argumentiert, es gibt historische Momente, in denen die Zukunft ihre Richtung ändert. Er nennt solche Momente »Tiefenkrisen«. Der Schreiber dieser Zeilen hat größte Hochachtung vor den klugen Visionären, bewahrt aber eine gewisse Skepsis, was die Treffsicherheit solcher Prognosen anbetrifft. Er war nämlich in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts Mitarbeiter an einem ökonometrischen Weltmodell. Einige mögen sich an den Namen Forester erinnern (1918 – 2016). In diesem Zusammenhang hat er ein komplexes ökonometrisches Modell für das Abfallaufkommen Deutschlands erstellt. Sieht man sich die Prognosen des Modells heute an, so müsste Deutschland durchgehend von einer ein Meter hohen Abfallschicht bedeckt sein. Die Klippen und Chancen der Zukunftserfassung sind gut in einem Buch dargelegt, das trotz seines Alters wenig Staub angesetzt hat. Es geht um den Band »Die Bewertung der Zukunft: Fundamentalanalyse für Kapitalanleger und Politiker« von Helmut Kammerlocher im Jahre 1986. Panta rhei, alles fließt, kommt mir in den Sinn, so wie es Heraklit formuliert hat oder zumindest von Platon behauptet wurde. Wenn wir schon bei Philosophen sind, dann sollten wir in Zeiten der Pandemie auch Thomas Robert Malthus (1766 – 1834), den englischen Philosophen und Ökonomen nicht vergessen. Er hat damals klug, eloquent und auch viel über die Bevölkerungsfalle geschrieben. Damals betrug die Weltbevölkerung 1 Milliarde Menschen. Ausgangspunkt war für ihn, dass die Bevölkerung exponentiell wächst, das Nahrungsmittelangebot aber nur linear. Deswegen würde die Bevölkerung periodisch reduziert werden. Der Gedanke wurde gerne, später auch auf andere Dinge wie auch Pandemien, übertragen.

Die Entwicklung der Weltbevölkerung: Von 190 Millionen auf knapp 8 Mrd. Menschen in rund 2.000 Jahren. © Adobe Stock

Nach jetzigem Kenntnisstand ist der Homo Sapiens rund 70.000 Jahre alt, hat viele Katastrophen überstanden und noch mehr Konkurrenten und Arten auf diesem Globus ausgerottet wie beispielsweise die Neandertaler. Wenn Sie sich etwas ausführlicher über den Werdegang des Menschen mit einem perspektivisch etwas breiteren Blick informieren wollen, als es die Tagespresse bietet, werden Sie beim Historiker und Bestsellerautor Yuval Noah Harari fündig. Jedoch ehe wir uns in episch breite Pfeifenträume verlieren, lassen Sie uns etwas Struktur in diesen kleinen Post-Corona-Aufsatz bringen. Wir werden einige wenige Sätze über wirtschaftliche Aspekte verlieren, dann Gesellschaftliches behandeln, dem folgen Worte über die nahe Zukunft und dann, was in dieser Publikation nie fehlen darf, einige Punkte zur Aus- und Weiterbildung.

DER BOOM 2021 BLEIBT AUS, VIELLEICHT AUCH 2022.

Beginnen wir mit der Wirtschaft. Monate langer Lockdown in vielen Ländern zeigt schon im Straßenbild der Städte seine Auswirkungen. Mister Minit hat geschlossen, Blockhouse Steak ist in Insolvenz gegangen, usw. In Deutschland sollen aber nur 4 Prozent des Sozialproduktes von den Corona-Einwirkungen betroffen sein. Das klingt mit Verlaub nicht sehr glaubwürdig. Multiplikator-Effekte scheinen außer Acht gelassen worden zu sein. Der Blockhouse Angestellte hat weniger oder kein Geld, geht weniger einkaufen und kauft keinen neuen Pullover. Der Pullover wiederum geht durch mindestens 800 Hände, ehe er in den Laden gelangt. Auch diese Hände sind nun alle leer. Gerade hat das ifo Institut seine Prognose des Wirtschaftswachstums in Deutschland nach unten angepasst. Der Boom 2021 bleibt aus und vielleicht auch 2022. Es gibt ein zweites Thema, das uns noch viele Jahre beschäftigen wird. Das ist die immense Geldschöpfung durch die Zentralbanken. Gerade in Deutschland sollte man das verstehen. Nach dem Ersten Weltkrieg versuchte man, das notleidende Reich durch Gelddrucken in Gang zu bringen. Der Rest ist bekannt, Hyper-Inflation, Unruhen und schließlich Diktatur. Seit Beginn der Corona-Krise hat die EZB die Geldmenge von 3,2 Billionen Euro auf 4,6 Billionen Euro ausgeweitet. Zum Vergleich, in der Banken-Krise von 2008 waren es nur 900 Milliarden. Den Exkurs zur gleichzeitig erfolgten Staatsverschuldung will ich Ihnen an dieser Stelle ersparen. Ich darf aber bemerken, dass Portugal einst der reichste Staat Europas war und sich von einer immensen Staatsverschuldung, auch im Zusammenhang mit dem Erdbeben von 1531, nie wieder wirklich erholte.

DER SPRINGENDE PUNKT IST TECHNOLOGIE. SIE IST EIN SEGEN.

Wenden wir uns dem Gesellschaftlichen zu. Dass auch wir Deutsche das H.ndeschütteln zwischenzeitlich aufgegeben haben, ist evident. Dass die Leute bei dem vielen Home Office wieder Behausungen auf dem Lande ins Auge fassen, ist etwas, was die Immobilienbranche längst begriffen hat. Der springende Punkt ist aber Technologie. Die hat uns die Zusammenarbeit in Zeiten der Isolation erleichtert. Sie ist ein Segen, man kann beispielsweise Infektionsstränge verfolgen, wie Israel und China bewiesen haben. Daten teilen, heißt besser heilen! Es ist aber auch ein gewaltiger Fluch damit verbunden, Daten können auch missbraucht werden, insbesondere von totalitären Systemen. Die Gesichtserkennung mithilfe von KI ist in China weit fortgeschritten. Mittlerweile können sogar Gefühlsregungen, Zustimmung, Ablehnung, Langeweile oder Fröhlichkeit erkannt werden. In der vielseitig verbreiteten Software Microsoft Teams ist ein derartiges Modul bereits vorgesehen. Der Chef kann auch Ihre Denke während des Video Chats analysieren. Malen Sie sich selbst aus, was auf der politischen Ebene möglich ist. George Orwell, Du warst ein Seher mit deinem 1984!


Zur nahen Zukunft: Vielleicht sind Prognosen hier gesicherter, so möchte man meinen. Wenn man sich jedoch die Aussagen der Virologen und Experten der WHO Anfang 2020 noch einmal Revue passieren lässt, beschleichen einen starke Zweifel. Noch im Februar 2020, da weilte ich in Mailand, wo es dann den ersten Flächenausbruch von Corona in Europa gab, behaupteten Virologen, von einer Pandemie könne keine Rede sein und das Tragen von Masken wäre Unsinn. Wollen wir hoffen und glauben, dass es uns mit unserer

Technologie und Impfstoffen gelingt, die Pandemie in nächster Zeit in Schranken zu weisen. Auf dass es uns nicht ergehen möge wie vergangenen Generationen mit der Pest.


Wenn Corona nicht mehr die Titelseiten beherrscht, wird es sicher eine Gegenbewegung

zum jetzt erzwungenen Lebensstil geben. Die Menschen werden es satt sein, weiterhin in engen Wohnungen zu sitzen, die immer teurer werden, einander beim Home Office und Homeschooling auf die Nerven zu gehen. Auch die Ultra-Grünen werden sicherlich wieder ihre Stimme erheben und darauf hinweisen, dass das Internet nach USA und China bereits heute der drittgrößte Stromverbraucher ist und ein großer Teil dieses Stroms auf umweltschädliche Weise hergestellt wird. Andere werden auf die Fragilität der Infrastruktur hinweisen. Man denke an den Stromausfall in Texas, wo die Leute in ihre benzingetriebenen Autos flüchteten, weil die elektrischen Heizungen in den Wohnhäusern ebenso wenig funktionierten wie die anderen Gerätschaften. Man muss nicht bis Amerika blicken. Vor kurzem gab es einen Brand im OVH-Rechenzentrum in Straßburg. Dieser vernichtete Daten und legte Millionen von Datenverbindungen lahm.


Sicher, diese Pandemie wird etliches verändern, aber vielleicht doch nicht alles. Nach Ankunft der Syphilis in Europa wurden Badehäuser für immer geschlossen, ebenso andere Bezirke, die gemeinhin für rotes Licht bekannt sind. Doch wie auch wir, die wir in Frankfurt leben wissen, wurden rote Laternen nach jeder Krise des Gewerbes bald wieder aufgehängt. Ihrer Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Überlegen Sie sich selbst, was bleiben wird und was sich wieder zurückentwickeln soll. Es gibt Konstanten in der menschlichen Natur!


Gedanken zur Aus- und Weiterbildung sind, wie angesprochen, Pflichtprogramm. Home Office statt Büro, virtuelle Meetings statt persönlicher Zusammenkünfte, online Training statt Präsenzseminar, das ist für viele der jetzige Arbeitsalltag. Sicherlich wird es, sobald es die Umstände erlauben, zu einer Gegenbewegung kommen.

ES WIRD ZU EINER SEMINAR- UND TAGUNGSWELLE KOMMEN.

Die Technologie im Arbeitsalltag ist schneller fortgeschritten als ohne Corona. Das ist eine gesicherte Erkenntnis. Wenn möglich, wird man in vielen Bereichen auf persönliche Zusammenkünfte weder verzichten wollen, noch können. Der direkte Zuruf ist schneller als das Einwählen in einen Chat. So wird es zunächst im Rahmen des Auf- und Nachholens zu einer Seminar- und Tagungswelle kommen. Für die rein technische Wissensvermittlung ist das, was wir in den letzten Monaten gelernt haben, weiter nützlich und wird vermehrt eingesetzt werden. Technik befruchtet die Entwicklung und die Entwicklung befruchtet die Technik. So bietet die aktuelle Situation für die Branche der Aus- und Weiterbildung auch große Chancen. Die Chancen liegen in der vernünftigen Digitalisierung, aber auch darin, dass sich eine Welt, die sich rapide verändert, Wissensvermittlung in großem Maße benötigt. Da gibt es kein komplettes Zurück zu Alt und kein komplettes Neu. Manches schleicht sich klammheimlich ein und ist dann plötzlich omnipräsent, so wie das Smartphone, das anfangs von ernsten Professionals für Kinderkram gehalten wurde.

Auch wir wissen nicht, wie in Zukunft gelernt wird. Wir freuen uns aber darauf, am Lernen der Zukunft mitzuarbeiten. © Adobe Stock

Wir werden in dieser nahen Zukunft – und hier wage ich doch eine konkrete Prognose – Webinare neben Blended Learning und neben reinen Präsenzveranstaltungen erleben. Doch dürfen wir nie vergessen, dass der Mensch, je nach Definition, fünf bis sieben Sinne hat, nämlich Sehen, Hören, Riechen, Tasten, Schmecken und wenn man will auch Temperatursinn und Gleichgewicht. Die digitale Wissensvermittlung ist außerstande alle Sinne anzusprechen. Der Mensch wirkt aber nun einmal mit allen Sinnen. Die Ausbildung zum Koch erfolgt besser am Herd als im Webinar.

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