Alles hat seine Zeit und jegliches Vornehmen unter dem Himmel seine Stunde (Prediger 3,1). Der Januar, meist dunkel und trist, ist der ideale Monat sich für die vielfältige Museumslandschaft Zeit zu nehmen und diese spannende kulturelle Szene zu ent- decken. Kunstmuseen sind weit mehr als Aufbewahrungsorte für Kulturgüter. Sie verbinden vielmehr Geschichte, Kunst und Kultur und berühren uns auf mannigfaltige Weise. Tauchen Sie ein in diese inspirierende andere Welt.
LUCAS CRANACH D.Ä. UND HANS KEMMER – MEISTERMALER ZWISCHEN RENAISSANCE UND REFORMATION ZU SEHEN IM ST. ANNEN-MUSEUM IN LÜBECK
Noch bis zum 6. Februar 2022 widmet sich das Museumsquartier in einer Sonderschau zum 460. To- destag dem Lübecker Maler Hans (auch Johann) Kemmer. Bild: Haupteingang St. Annen-Museum Lübeck © St. Annen-Museum, Foto: Norbert Miguletz
Die Hauptstadt der Hanse, Lübeck, hat ein museales Kleinod: das St. Annen-Museum im ehemaligen Kloster der Augustinerinnen. In den Gemäuern dieser spätgotischen Anlage befinden sich sakrale Schätze wie eine beachtliche Sammlung von Schnitzaltären, Tafel- bildern, Skulpturen und Textilien aus dem Mittelalter. Noch bis zum 6. Februar 2022 wid- met sich das Museumsquartier in einer Sonderschau zum 460. Todestag dem Lübecker Maler Hans (auch Johann) Kemmer (um 1495-1561). Die Werke des »Cranach von Lü-beck« werden erstmals ausgestellt und den Bildern seines Wittenberger Lehrers, Lucas Cranach (1472-1553) gegenübergestellt. Auch wird im Besonderen auf die damalige ge- sellschaftliche Situation, der Reformationszeit eingegangen und wie ein Maler der Renaissance mit der neuen Thematik umgeht. Denn die kirchliche Verehrungsmalerei wandelt sich und es entstehen vermehrt private Auftragsarbeiten und Porträtbilder. Dabei wird nicht verhehlt, dass trotz Signatur mit H.K bei den 22 ausgestellten Expona- ten ein eindeutiger Beweis, sie diesem Maler zuzuordnen, noch nicht endgültig fest- gestellt werden kann. Versäumen Sie nicht bei einem Altstadtspaziergang den Renais- sancemaler Hans Kemmer und sein Wirken noch besser kennenzulernen. Beginnen Sie am Dom und dem Porträt des katholischen Domherrn. Weiter geht es zum Rathaus, denn der Künstler fertigt etliche Bilder der altehrwürdigen Ratsherren. Der Rundgang über 15 sehenswerte Stationen endet in der Evangelisch-Lutherischen St.-Aegiden-Kirche, in der im Jahr 1530 der erste Abendmahlgottesdienst in Lübeck abgehalten wird. Ausführliche Informationen sind unter www.st-annen-museum.de abrufbar.
»UNTER FREIEM HIMMEL« EINE AUSSTELLUNG IM LENBACHHAUS IN MÜNCHEN
Bild: © Wassily Kandinsky, Kallmünz – Gabriele Münter beim Malen I, Sommer 1903, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München, Gabriele Münter Stiftung 1957
Franz von Lenbach (1887-1890) war seinerzeit ein gefeierter Portraitmaler. Nach seinem Tod wird seine Villa 1924 an die Stadt München verkauft und 1929 als Museum der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. 1957 schenkt Gabrielle Münter dem Museum Bilder der Künstlergruppe »Blaue Reiter«. Wer war diese Gabrielle Münter? Schon in jungen Jahren zeigt sie künstlerische Begabung und lernt im Aktzeichnungsunterricht Wassily Kandinsky kennen und lieben. Um Kon- ventionen zu entrinnen beschließen sie, gemeinsame Reisen zu unternehmen. Bereits Anfang des 20. Jahrhunderts gibt es für reiselustige Touristen gut recherchierte Reiseführer des Baedeker Verlages, die beliebte Ziele in Südfrankreich, an der italienischen Riviera und sogar an den nordafrikanischen Anrainerstaaten des Mittelmeeres beschreiben. Per Fahrrad, mit Rucksack und Mal- kasten ausgestattet, begibt sich das Künstlerpaar auf Entdeckungstour. Sechs Jahre sind sie auf touristischen Pfaden unterwegs, rastlos davon getrieben sich auszuprobieren und neue Maltechniken anzuwenden. Die Schau im Lenbachhaus dokumentiert in eindrucks- voller Weise Münters Umgang mit verschieden Medien: Fotografie, Grafik und Malerei. Auch zeigt sie die Sensibilisierung beider Künstler für Raum und Farbe. Besonders für die künstlerische Entwicklung Gabrielle Münters sind diese gemeinsamen Jahre von 1902 bis 1908 sehr bedeutsam. Noch bis zum 30. Januar 2022 können sie Gabrielle Münter und Wassily Kandinsky im Lenbachhaus auf ihrer damaligen Reise begleiten. Zu dieser Ausstellung finden Sie unter www.lenbachhaus.de weitere Informationen.
ALLES! 100 JAHRE JAWLENSKY IN WIESBADEN
»Alles! 100 Jahre Jawlensky« ist eine spezielle Gesamtschau zur Sammlungsgeschichte Gemälde und bis zum 27. März 2022 im Museum Wiesbaden zu sehen.
Bild: © Museumsfassade. Foto: Museum Wiesbaden / Bernd Fickert
Alexej von Jawlensky (1864-1941) gilt als ein führender Maler der frühen Moderne. Er kann auf ein bewegtes Künstlerleben zurückblicken. Seine Zeiten in München, Murnau, Ascona und zuletzt in Wiesbaden haben sein Schaffen geprägt. Wichtig für seinen erfolgreichen Werdegang sind auch die Unterstützung und Förderung durch zwei Da- men: die russische Malerfreundin Marianne von Werefin, die ihre Karriere zugunsten Jawlenskys zurückstellt und die Frankfurter Kunsthändlerin Hanna Bekker vom Rath, die 1929 die »Gesellschaft-Jawlensky« gründet. Deren Mitglieder haben durch ihre Beiträge Anspruch auf seine Werke. Der russische Künstler hat sich bei seinen Bildern vorwiegend mit Stillleben, Landschaften und Gesichtern beschäftigt. Dabei gilt sein Augenmerk weniger der Form als einer ausdrucksstarken Farbgebung. Während des Nationalsozia- lismus werden 65 seiner Werke beschlagnahmt und als »entartete Kunst« diffamiert. Daraufhin stellt er Bilder bei Schauen in den USA aus. Vermehrt einsetzende Lähmungs- schübe bedingt durch Arthritis zwingen den Künstler 1938 zur Aufgabe seiner Leiden-
schaft. Er verstirbt 1941 in Wiesbaden. Der neueste Zugang im Museum Wiesbaden, die Nr. 111 »Großes Stillleben mit Blumenvase« aus dem Jahr 1937, ist ein sehr melan- cholisches Spätwerk Jawlenskys und ergänzt seit 2021 die Werkschau, die bis zum 27. März 2022 präsentiert wird. »Alles! 100 Jahre Jawlensky« ist eine spezielle Gesamtschau zur Sammlungsgeschichte Gemälde. Der Kurator Roman Zieglgänsberger und sein Team haben die Kunstwerke, 111 Bilder und Grafiken, streng nach deren Erwerbsdaten aufgehängt. Kommentare, kleine Anekdoten und persönliche Briefe an seine Mäzenin Hanna Bekker vom Rath komplettieren die Schau. Ausführliche Details sind unter www.museum-wiesbaden. de/alles einsehbar. Ferner können Sie wichtige Stationen seines Lebens in der Stadt Wiesbaden näher kennenlernen. Es gibt unter www.jawlens- kypfad.de einen speziellen Stadtplan. Er führt zu 27 besonderen Orte seines Künstlerlebens.
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