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  • AutorenbildSimon Cloos

Werden wir alle zu Cyborgs?

Von AI (ArtificIal Intelligence) zu AS (ArtificIal Senses)


Über AR (Augmented Reality) und VR (Virtual Reality) schreiben wir recht häufig an dieser Stelle. Haben Sie jedoch bereits von RR gehört (Revealed Reality; offengelegte bzw. enthüllte Wirklichkeit)?


RR nimmt jene Informationen in den Fokus, die bereits existieren, von uns aber noch nicht intuitiv erfasst werden können. Erweiterte Sinne (Artificial Senses, AS), sollen dabei helfen. Und damit sind wir auch bereits beim Thema Cyborg angelangt!


Über das Jahr hinweg besuchen wir so einige Veranstaltungen und hören entsprechend viele Vorträge. Was uns aber der britische Avantgarde-Künstler und Cyborg-Aktivist Neil Harbisson am 21. September auf der diesjährigen Digital X in Köln zu berichten hatte, hatten wir in dieser Form noch nicht auf dem Schirm.


Neil Harbisson kann seit Geburt keine Farben sehen. Die Welt ist schwarz und weiß für ihn. Als Kind hat er versucht, das Thema Farben zu ignorieren. Das führte jedoch vielfach zu Problemen. Er kann beispielsweise keine Flaggen auseinanderhalten und keine U-Bahn-Pläne lesen. Farben sind generell tief in unserer Sozialisierung verankert, kaum ein Gespräch wird geführt, ohne dass irgendwann eine Farbe zur Sprache kommt.


Er startete daher 2003 ein Projekt, Lichtwellen in Töne zu übersetzen. Der sogenannte Eyeborg, ein kybernetisches Gerät, wandelt diese Schallwellen in Töne. Harbisson merkte sich den Ton einer jeden Farbe und ließ sich das Gerät fest implantieren. Die Kamera vor seinem Gesicht ist mit seinem Gehirn verbunden, ein fester Bestandteil seines Körpers. Die erfassten Farben werden über Vibrationen an einen Chip übertragen, die Software in seinem Gehirn bildet schließlich einen Ton.


Es ist sehr reizvoll, durch einen Supermarkt zu gehen. Es ist, als ob man in einen Nachtclub geht. Er ist voll von sehr unterschiedlichen Melodien.

Die Fähigkeit, Farben zu hören, hat nicht nur sein Leben, sondern auch seine Perspektive auf seine Umwelt verändert.


Bevor er den Eyeborg hatte, hat er sich so angezogen, wie es gut aussah. Nun zieht er sich so an, wie es gut klingt.


Auch die Art, wie er Attraktivität wahrnimmt, hat sich verändert. Wenn er eine Person anschaut, hört er sie auch. Jemand kann wunderschön aussehen, aber fürchterlich klingen und andersherum. Auch sein Verständnis von Hautfarbe hat sich komplett verändert. Es gibt nicht weiß und schwarz, sondern nur unterschiedlich helle bzw. dunkle Töne von orange. Alle Hautfarben klingen orange.


Normale Geräusche werden inzwischen zu Farben für ihn, zum Beispiel ein Handyklingelton, der grün klingt.


Auch seine Wohnung streicht er in Farben, die gut klingen. Seine Küche ließ er violett streichen, da sich dieser Farbton in der Regel nicht mit Farben von Lebensmitteln ins Gehege kommt.


Wissen erlangen wir über unsere Sinne. Wenn wir unsere Sinne erweitern, erweitern wir auch unser Wissen.

Wenn er sich Musik anhört, »sieht« er Farben.



Er kann jedoch nicht nur Farben hören, sondern auch Infrarotwellen und ultraviolette Strahlung erfassen. Diese Fähigkeit führt dazu, dass er in einer Bankfiliale die Bewegungsmelder hören kann und damit auch, ob das Alarmsystem ausgefallen ist. Auch die Intensität der ultravioletten Strahlung kann er hören (bzw. »sehen«) und damit beurteilen, ob es eine gute Idee ist, sich zu sonnen oder nicht.

Fun fact: Neil Harbisson ist offiziell ein Cyborg. Der Eyeborg ist ein Teil seines Körpers und in seinem britischen Reisepass vermerkt. Teile der Hardware stammen aus Schweden. Da sie fest zu seinem Körper gehören, argumentiert er aktuell gegenüber der schwedischen Regierung, dass ihm auch eine schwedische Staatsbürgerschaft zustehen sollte. Um diese zu erlangen, ist Voraussetzung, mindestens 5 Jahre in Schweden zu leben. Seine Argumentation: Schweden lebt in ihm durch die schwedischen Teile und das bereits weit länger als nur 5 Jahre.

Cyborg-Kunst: Die Kunst der Erschaffung neuer Sinne, neuer Organe und der Gestaltung der eigenen Wahrnehmung der Realität

Harbisson, der sich als Cyborg-Künstler sieht, hat 5 Freunden auf verschiedenen Kontinenten die Freigabe eingerichtet, via Internet ihre Farbeindrücke, z.B. von einem besonders schönen Sonnenuntergang, direkt an sein Gehirn zu übertragen. Er sieht große Vorteile darin, Applikationen für den Körper zu entwickeln, nicht nur für das Smartphone.


Bereits im Jahr 2010 gründete er die Cyborg Foundation. Sie setzt sich für Cyborg-Rechte ein. Jeder Person soll es erlaubt sein, ein Cyborg zu werden und Implantate mit Anerkennung als Organe, nicht als technische Hilfsmittel, zu erhalten.


Inspiration finden die Cyborgs im Tierreich.


Sehr umtriebig ist beispielsweise die Cyborg-Aktivistin Moon Ribas. Sie ließ sich 2013 einen Sensor implantieren, der immer dann vibriert, wenn es ein Erdbeben gibt. Der Sensor, der permanent in ihren Füßen implantiert ist, vibriert je nach Intensität des jeweiligen Erdbebens in verschiedenen Stufen. Er ist drahtlos mit Online-Seismografen verbunden, was bedeutet, dass sie Erdbeben auf der ganzen Welt spüren kann, egal wo sie sich gerade befindet.


Harbisson selbst ließ sich einen Kompass im Knie implantieren durch den er erspüren kann, wo sich der Norden befindet.


Manel De Aguas Muñoz kann erfühlen, ob es regnen wird oder nicht. In Japan fand sich ein Arzt, der ihm (beeindruckend auffällige) Sensoren für Temperatur, Feuchtigkeit und Luftdruck am Kopf implantierte.


Auch die Automobilindustrie wird als Ideengeber herangezogen. Von Park- über Geschwindigkeits- bis hin zu Navigationssensoren: Was sich in ein Auto einbauen lässt, lässt sich auch in einen Körper implantieren.


Ein großes Potential sieht Harbisson jedoch in den Bereichen Night Vision (Nachtsicht) und Thermoregulation. Letztere Fähigkeit, über die beispielsweise Vögel verfügen, hat das Potential, die aufwändige Suche nach einem zuverlässigen Heizungs- und Klimatechniker überflüssig machen.

​Damit Sie nicht dem Trend hinterherlaufen, werden wir für Sie aufmerksam verfolgen, wohin sich die Themen Revealed Reality und Artificial Senses entwickeln. Falls Sie den dringenden Wunsch verspüren, ein Early Adopter zu werden: Melden Sie sich bei uns. Wir stellen Ihnen gerne einen Kontakt zur Cyber Fundation her.


Unser Kollege Simon Cloos mit dem Künstler und Cyborg-Aktivisten Neil Harbisson auf der Digital X 2023 in Köln. Unseren Kollegen erkennen Sie an seiner Brille.

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