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AutorenbildDaniel Stöckel

Print vs. Digital – Ein Kommentar von Daniel Stöckel

Ist das digitale Zeitalter das Ende der Druckindustrie? Ich bin unbeabsichtigt und ungewollt in eine Diskussion geraten, die mich zunehmend an eine Zeit erinnert, die bald 100 Jahre zurückliegt: Im Jahr 1929 kamen die ersten Tonfilme in die deutschen Kinos. Ein Angriff auf die Stummfilme und die Orchestermusiker, die diese Filme jahrzehntelang in Live-Aufführungen musikalisch untermalt hatten.


Der Deutsche Musiker Verband warnte mit Plakataushängen und Flugblättern vor den Gefahren dieser Innovation. Der Tonfilm sei Kitsch, einseitig, wirtschaftlicher und geistiger Mord und daher unbedingt vom Publikum abzulehnen.


In Deutschland gibt es heutzutage knapp 2.000 Kinos. Das einzige mir bekannte noch existierende Stummfilmtheater Deutschlands befindet sich in Berlin, das Babylon. Das Filmtheater nahm seine Multiplex-Orgel am 11. April 1929 in Betrieb (ein Film über die wundervolle Orgel und ihren Restaurator Hans-Joachim Eichberg findet sich unter https://babylonberlin.eu/kino-orgel). Mutig, diese Investition im Jahr 1929.


Denn bereits am 30. September desselben Jahres ging der Filmheld bei der Premiere des Films »Land ohne Frauen« eine Treppe hoch und klingelte an einer Tür. Das klingeln war, auch ohne Orchester, über eine Tonspur zu hören. Die Kinogänger waren außer sich vor Begeisterung.


Wirkt mit zeitlichen Abstand recht skurril; Die Kampagne gegen den Tonfilm

Bild: © imageBROKER.com / Helmut Meyer zur Capellen, Image ID: 5069428



Begeisterung ist auch das, was wir in der heutigen Zeit in Bezug auf digitale Innovationen erleben. Dabei zeigt sich, dass Innovationen nicht nur etwas schöpferisches, sondern auch etwas zerstörerisches innewohnt. Innovation ist Fortschritt. Und wer fortschreitet, lässt immer auch etwas anderes zurück.


Das Zurückgelassene rudert dann wie wild mit den Armen, entweder (Variante 1) um zu signalisieren, dass man doch besser wieder zurückkommen solle, in die wohlbekannten und vertrauten Gefilde oder (Variante 2), es doch bitte wenigstens mitnehme in die neue Zeit.


Das, was wir vor 100 Jahren im Bereich Stummfilm vs. Tonfilm in Variante 1 gesehen haben, sehen wir nun im Bereich Print vs. Digital in Variante 2.


Die Diskussion begegnet mir überall. In Gesprächen mit Kunden, Kollegen, Partnern und auch unserem Aufsichtsrat und Beirat.


Ich möchte nachfolgend erläutern, weshalb mir so wenig an der Diskussion liegt und ich sie für ein Scheingefecht halte, ausgefochten lediglich vom Team »Print«, da das Team »Digital« durch seine Innovationskraft auch ohne Kampagnen ausreichend Aufmerksamkeit erhält.


Bei allen nachfolgend aufgeführten Thesen handelt es sich um meine persönlichen und damit subjektiven Gedanken, dementsprechend sind sie nicht ausgewogen, berücksichtigen nicht alle Aspekte und verfolgen auch nicht den Anspruch einer objektiven Wahrheit.


These 1: Nicht Print vs. Digital ist entscheidend, sondern gute vs. schlechte Prozesse

Wir sind in verschiedenen Geschäftsfeldern unterwegs. Bis auf wenige Ausnahmen haben sie jedoch ein verbindendes Element: Unsere Dienstleistungen erbringen wir überwiegend für die Weiterbildungsbranche, für Akademien, Seminaranbieter und Verbände.


Es ist eine Nische mit speziellen Anforderungen, in der wir uns seit dem Jahr 2000, der Gründung unserer Gesellschaft, wohl und zuhause fühlen. Mit unserer täglichen Arbeit leisten wir einen kleinen, aber gar nicht so unwichtigen Beitrag, die Welt ein wenig klüger zu machen. Wahrlich keine schlechte  Aufgabe in diesen Zeiten.


Und auch wenn wir noch immer einen Großteil unserer Wertschöpfung in den Bereichen Druck und Logistik erzielen, ist es wenig überraschend, dass die Augen unserer Kunden heller leuchten, wenn wir mit ihnen über die Themen KI in der Weiterbildung und Virtual Reality sprechen, anstatt über Druck und Logistik von Schulungsunterlagen.


Nicht einmal ich interessiere mich dafür, wie die Farbe aufs Papier kommt. Brennend interessiert mich jedoch das Thema, wie wir den Auftragsprozess für unsere Druckkunden noch effizienter und transparenter gestalten können. Hierzu haben wir ein eigenes Auftragssystem, arago OrderIT®. Damit beschäftigen wir uns Tage, Wochen, Monate und Jahre, ohne dass das Leuchten aus unseren Augen schwindet.


Der Prozess, der unserer Dienstleistung im Druckbereich zugrunde liegt, muss so gut durchdacht sein, dass sich für unsere Kunden erst gar nicht die Frage stellt, aus Effizienzgründen von Print auf Digital umzustellen.


Unser exzellentes Prozess-Know-How in der Seminarlogistik zu kommunizieren, ist im Druckbereich unsere wichtigste, aber auch schwierigste Aufgabe. Man sieht unser Know-How nicht mit einem Blick auf unsere Produktionsstätte, unsere Druckmaschinen und unser Lager. Prozesse kann man beschreiben, um ihre Einzigartigkeit zu verstehen, muss man sie jedoch erleben.


Man könnte nun behaupten, wir gehen mit dieser These den Weg des Babylon-Theaters in Berlin und installieren die fortschrittlichste Multiplex-Stummfilm-Orgel der Welt, wo doch künftig nur noch Tonfilme geschaut werden.


Wenn dem so ist, und wir als letzter verbliebener Druckdienstleister in 100 Jahren noch immer Weiterbildungsunterlagen für unsere Kunden produzieren, gehe ich diesen Gedanken gerne mit, verweise aber auch auf die nachfolgende These 2.


These 2: Nicht Print vs. Digital ist entscheidend, sondern Zielerreichung vs. Zielverfehlung

Es gibt eine gefühlte Flut an Kampagnen aus dem Druckbereich, die alle das Ziel verfolgen, das Image von Print zu verbessern. Die jüngste Kampagne, initiiert vom Fachverband Medienproduktion lautet WE.LOVE.PRINT (nähere Informationen hierzu auch unter www.we-love-print.org).


Die Idee hinter der Kampagne ist, dass sich bis 2026 rund 1.000 Mitglieder finden, die jährlich im Schnitt 3.000 € beisteuern. Diese 3 Mio. € sollen als Mediabudget für die Entwicklung und Stärkung der grafischen Industrie verwendet werden, weil »Druckerzeugnissen in einer zunehmend digitalisierten Welt Werte und Fähigkeiten innewohnen, die kein Screen der Welt bieten kann, ihre physische Präsenz eine multisensorische Verbindung zwischen Mensch und Inhalt herstellen, ihre Glaubwürdigkeit und Langlebigkeit Vertrauen schaffen und ihre Vielfalt unser Leben bunt und interessant macht« (NUTZEN, das Magazin der Druck- und Medienverbände, Ausgabe 03/2024).


Aktuell wird die Initiative u.a. von dem Papierlieferanten Berberich, dem Druckerhersteller Konica Minolta und dem Verband Druck+Medien unterstützt.



WE.LOVE.PRINT, sagt wenig überraschend die Druckindustrie.



Auch wenn ich den Gedanken nachvollziehen kann, glaube ich nicht an den Erfolg solcher Initiativen, da sie dem Kunden signalisieren, wenn auch vermutlich unbewusst und ohne böse Absicht, dass er unmündig sei.


Ehrlicher wäre es darauf hinzuweisen, dass es in Deutschland etwa 6.500 Druckereien gibt. Eine beachtliche Anzahl, wie ich finde. Im Jahr 2005 waren es jedoch noch rund 16.000 Betriebe. Bei WE.LOVE.PRINT und anderen Initiativen geht es darum, »dass die Branche wieder gesehen wird und den Stellenwert zurückerhält, den sie verdient« (NUTZEN, das Magazin der Druck- und Medienverbände, Ausgabe 03/2024).


Oder, mit Bezug auf das Wort »verdient« ein wenig anders ausgedrückt: Es geht natürlich ums Geld verdienen bzw. für die Verbände im Druckbereich darum, ihre Relevanz zu behalten.


Und darum geht es selbstverständlich auch für unsere arago Consulting. Wir wollen relevant bleiben für unsere Kunden. Nur dadurch können wir unsere Zukunft sichern. Das erreichen wir aber vermutlich nicht, wenn wir unseren Kunden einen WE.LOVE.PRINT-Aufkleber in die Hand drücken, sondern dadurch, dass wir ihnen bei der Erreichung ihrer Ziele behilflich sind. Und ob sie diese eher mit einer geduckten oder einer digitalen Unterlage erreichen, hängt damit zusammen, welches Ziel mit dem Seminar bzw. der Weiterbildung verfolgt wird.


Mehrere Studien zeigen, dass gedruckte Medien im Vergleich zu digitalen Medien im Unterricht bessere Ergebnisse erzielen (vgl. hierzu unter anderem https://www.intergraf.eu/communications/publications/item/532-comparing-print-and-digital-media-project).


Handelt es sich um eine Veranstaltung, die der reinen, oftmals oberflächlichen Informationsweitergabe dient, kann eine digitale Unterlage ausreichend sein.


Bei Lehrgängen und Ausbildungsreihen, die ein tiefes Verständnis zu einem Thema vermitteln und in deren Verlauf Lern- und Veränderungsprozesse stattfinden, bietet Papier allerdings entscheidende Vorteile. Unter anderem ist die Konzentration dank der verminderten Ablenkung höher als am Bildschirm. Dies wirkt sich positiv auf das Textverständnis und den Lernerfolg aus.


Nicht immer steht der Lernerfolg der Teilnehmer jedoch im Zentrum aller Überlegungen. Manchmal sind es auch notwendig, wirtschaftliche Überlegungen. Denn mit der Umstellung von Print auf Digital lässt sich Geld einsparen. Nur spricht niemand darüber. Stattdessen führen wir Stellvertreterdiskussionen darüber, ob Print oder Digital umweltfreundlicher ist.


These 3: Nicht Print vs. Digital ist entscheidend, sondern Weiterentwicklung vs. Stillstand

Das Ende des Stummfilms bedeutete nicht das Ende der Musik. Die Künstler und Musiker fanden ihr Auskommen in anderen Bereichen, in Varietés, Theatern und im Radio.


Auch wenn es vermutlich bequemer wäre, immer das zu tun, was man schon immer getan hat, so wäre es eines ganz Gewiss: langweiliger! Auch wenn Sie von mir keinen WE.LOVE.PRRINT-Aufkleber in die Hand gedrückt bekommen und ich Ihnen beim besten Willen nicht sagen kann, wieviel mehr Bäume täglich gepflanzt als abgeholzt werden, bleibt der Digitaldruck doch das, was er schon immer für mich war: ein hervorragendes Werkzeug, um die Welt ein Stückchen klüger zu machen.


Gegen den Stillstand und die Langeweile unterstützen wir Sie aber auch bei der Abwicklung Ihrer Live-Online- und Hybrid-Veranstaltungen – organisatorisch und in Bild und Ton, lektorieren Unterlagen, übernehmen deren grafische Aufbereitung und erstellen virtuelle Welten.


Ich freue mich, wenn Sie mir mitteilen, womit wir Sie bei der Erreichung Ihrer Ziele unterstützen können.


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